Unterwegs
Bulgarien
15.-18.09.2005
Währung: | Bulgarischer Lev (Lv), 1 Lv = 0,5 Euro |
Aufenthalt: | 2,5 Tage |
Route: | Vidin - Lom - Montana - Vraca - Botevgrad - Trojan - Karlovo - Kasalnaz - Stara Zagora - Dimitrovgrad |
Gefahrene km: | 670 |
Benzin: | 1,9 Lv/L |
Wir wurden vor diesem Land gewarnt. Das erste Mal bei den Reisevorbereitungen vom Reiseführer, der ausdrücklich von wildem Campen abriet und selbst auf Campingplätzen noch eine große Gefahr vor Überfällen beschrieb. Dann erzählten uns Bekannte in Serbien von Lastwagenfahrern, die sich zu Kolonnen zusammentun, um Bulgarien möglichst unbeschadet zu überstehen. Zwei Motorradfahrer alleine, das wäre der schlichte Wahnsinn. Derart verunsichert machten wir uns von Temerin auf Richtung Süden. Die Grenze wollten wir bei Zajecar überqueren, wo wir kurz nach fünf am Nachmittag ankamen. Es war gerade Schichtwechsel und 1,5 Stunden passierte gar nichts, außer dass die Warteschlange länger und länger wurde. Der eigentliche Grenzübertritt war dann wenig aufregend: Sie verlangten unsere Pässe, Führerschein, Fahrzeugschein sowie Grüne Versicherungskarte und öffneten uns freundlich die Schranke. Mittlerweile war es fast sieben Uhr und es dämmerte schon. Ich fuhr voran, vergewisserte mich Tobis Scheinwerfer im Rückspiegel zu sehen und konzentrierte mich auf die schlaglochreiche Straße vor mir. Beim nächsten Blick nach hinten war er weg! Während ich wie gebannt in den Spiegel starrte, rechts ranfuhr, schossen mir die wilden Geschichten durch den Kopf - Haben sie ihn rausgefischt? Gefühlt vergingen schreckvolle Minuten bis Tobi dann doch auftauchte. Er hatte lediglich angehalten, um seine Jacke zu schließen - puh. Wir folgten der Straße und stellten erstaunt fest, dass weder vor noch hinter uns andere Fahrzeuge zu sehen waren. Mulmiges Gefühl.
Etwa 20 km hinter der Grenze war ein Campingplatz auf unserer Karte verzeichnet, den wir ansteuerten. Da wir kein Hinweisschild finden konnten, fragte ich bei einer Tankstelle nach. -- Ein Campingplatz? - guckten sie uns ungläubig an. Die nächste Übernachtungsmöglichkeit sei in der 30 km entfernten Stadt Vidin.
Als wir dort ankamen, war es bereits stockfinster. Etwas genervt standen wir an einer Tankstelle. Wir waren müde und konnten bisher kein brauchbares Hotel in unserer Preisklasse finden. Reni erkundigte sich beim Tankstellenpersonal nach einem geeigneten Hotel als plötzlich eine Africa Twin mit Gepäckrolle und dänischer Flagge neben mir anhielt. Ein etwa gleichaltriger Typ kam unter dem Helm hervor, erzählte, dass er für drei Wochen durch Bulgarien fährt und ebenfalls eine Übernachtungsmöglichkeit sucht. Gemeinsam fanden wir eine Unterkunft, mit Unterstellmöglichkeit für die Motorräder im Innenhof. Beruhigend.
Am nächsten Morgen wollten wir die große Straße nach Süden nehmen, Kaspar hatte geplant kleinere Straßen der Donau entlang nach Osten zu fahren. Wir verließen das Hotel gemeinsam und als sich unsere Wege trennen sollten, entschieden wir uns kurzfristig um und folgten nun zu dritt der Donau.
Routenplanung mit Kaspar
Das Fahren machte uns richtig Laune, obwohl die Straße in denkbar schlechtem Zustand war - oder gerade deshalb? Als wir dann ungefähr 1000 Schlaglöcher später nach Süden abbogen, schloss Kaspar sich uns an. Wir blieben wie selbstverständlich eine Dreiergruppe. Beim Eis am Nachmittag überlegten wir uns wie lange wir fahren wollten und diskutierten die unterschiedlichen Möglichkeiten. Die nächste Stadt wäre in etwa einer halben Stunde erreicht und eine Unterkunft vermutlich schnell gefunden. Sicher, aber langweilig. Deutlich reizvoller fanden wir die Vorstellung noch etwa drei Stunden in die Berge zu fahren. Wir hatten von einem Kloster gelesen, in dem man auch übernachten kann. Notfalls würden wir wild campen, denn die Beklemmung vom Vorabend ist bei Tageslicht und nach Begegnung mit den freundlichen und hilfsbereiten Einheimischen nicht mehr nachvollziehbar. Auf nach Trojan! Wir fuhren auf einer herrlichen Straße, an Bergen und Seen vorbei, unserem Tagesziel entgegen.
Ein Stausee in der Nähe von Trojan
Das Kloster erreichten wir bei Einbruch der Dunkelheit und konnten kurz danach unsere Mönchszellen beziehen. Nach unserer Ankunft schloss die Rezeption, wir kamen gerade rechtzeitig.
Reni & Tobi im Kloster
Tags darauf besichtigten wir das Kloster, welches das drittgrößte Bulgariens sein soll. Das glauben wir gerne, da wir etwa 150 Mönchszellen vorfanden, von denen allerdings nur etwa 20 als Touristenunterkunft genutzt werden.
Kaspar und Reni staunen...
Die Klosterkirche
In Trojan verabschiedeten wir uns von Kaspar und fuhren wieder zu zweit weiter. Wir überquerten die Berge auf einer wunderschönen Strecke mit vielen Kurven und Tornanti, die wir seit dem Gardasee lieben.
Das Gebirgsmassiv bei Trojan
Nach einer Übernachtung in Dimitrovgrad machten wir uns zur etwa 90 km entfernten türkischen Grenze auf.
In Bulgarien haben wir uns zu keinem Zeitpunkt unsicher oder bedroht gefühlt. Mit unseren beladenen, großen Motorrädern fallen wir dort auf: Viele Leute drehen sich nach uns um, wenn wir an ihnen vorbeifahren, Kinder winken und rufen "Hello".
Wir wollten nur kurz auf die Karte schauen..
Die Menschen erlebten wir ausnahmslos als aufgeschlossen und sehr hilfsbereit, wenngleich die Kommunikation zumeist in meinem rudimentären Serbisch stattfand. Die Sprachen sind ähnlich genug, so dass wir uns auf diesem Weg recht gut verständigen konnten, da Englisch und Deutsch nicht sehr verbreitet sind. Zudem war es auch nützlich das kyrillische Alphabet zu beherrschen, da die meisten Straßenschilder so beschriftet sind.
Zu den Straßenverhältnissen, wie wir sie vorfanden, lässt sich sagen, dass viel gebaut wurde, das Land stellt sich offensichtlich auf Touristen ein. Die großen Straßen waren meist in gutem bis sehr gutem Zustand. Auf den kleineren musste man neben Schlaglöchern sowie einem Straßenbelag - der oft einem Flickenteppich glich - stets mit Schafen, Hunden, Hühnern und Kühen oder deren Hinterlassenschaften rechnen.
Pferdefuhrwerke sieht man in Bulgarien noch häufig
Insgesamt bedauerten wir es sehr, dass wir Bulgarien nur durchquert und nicht bereist haben. Gerne hätten wir dort mehr Zeit verbracht. Da uns im Osten der Türkei jedoch 3000-4000 m hohe Berge erwarten, in denen es bereits im Oktober lausig kalt werden kann und mit Schnee gerechnet werden muss, wollen wir die Strecke bis dahin zügig bewältigen.
(29.09.2005, RM, TM)